Marinierter Federkohl mit Couscous und Karotten, Roastbeef vom Andelsbucher Rind mit mariniertem Weiß- und Rotkraut, hausgemachte Gnocchi mit Kürbis und Roter Beete: Hildegard von Bingen (1098– 1179) würde staunen, wenn sie von diesen Interpretationen ihrer Naturkunde erfahren würde oder sie gar kosten könnte! Die Lehren der Mystikerin sind ebenso wie die biologische Küche die Aushängeschilder des Bio-Hotels „Schwanen“ in Bizau.
Hildegard und Bio: Was auf dem Papier nach einem halbattraktiven Kurprogramm klingt, entpuppt sich in der Realität als regionale Superfood-Küche, die den „Schwanen“ zu einem Genießer-Hotspot im Bregenzerwald macht. Bereits unter Seniorchefin Antonia Moosbrugger hielt die moderne, raffinierte Küche Einzug in die von Hildegard geprägte „Schwanen“-Küche. Sie war auch die Erste im Bregenzerwald, die ein Überraschungsmenü angeboten hat: Jedem Gast wird bei jedem Gang etwas anderes vorgesetzt, mitunter kommt eine Gästerunde so auf Dutzende verschiedene Speisen. Das brachte den Moosbruggers den Titel „Wilde Weiber“ ein.
Seit der Rückkehr von Sohn Emanuel und unter dem Einfluss seiner internationalen Erfahrung erlebt die Küche nun mit Chef Michael Webendorfer ihren aktuellen Höhepunkt. Bereits vor acht Jahren verschlug es den sympathischen Oberösterreicher in den Bregenzerwald. Als hungriger, lernwilliger Jungkoch kam er dem Küchenteam gerade recht und wurde an allen Stationen ausgebildet. Es folgten Jahre in der Haubenküche des Casino-Restaurants Falstaff in Bregenz unter Küchenchef Gernot Bischofberger, bis ihn Emanuel Moosbrugger als Küchenchef zurück nach Bizau holte. Schon während seiner Ausbildungszeit im „Schwanen“ hatte er seine Frau Reka kennen und lieben gelernt und wurde sesshaft. „Wenn man als 25-Jähriger die Chance auf diese Position bekommt, muss man die Gunst der Stunde nutzen“, sagt er. Zumal ihm mit Sous-Chefin Franziska Hiller eine begnadete Köchin zur Seite steht, die seit über 25 Jahren zu den kochenden „Schwänen“ gehört. Ihre Erfahrung und die von Seniorchefin Antonia werden nach wie vor benötigt, wenn es um die doch restriktive Fach- und Naturkunde von Hildegard geht. Dinkel, Fenchel, Äpfel, Galgant, Rote Beete, Kichererbsen, Wild, Lamm oder Bachforelle gehören nach deren Thesen zu den wertvollen Lebensmitteln, worunter man Erdbeeren, Lauch, Gurken, Wurst oder Weizenweißmehl vergeblich sucht.