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1.5. - 31.10.2024

Vom Hören und Singen

Vom Hören und Singen

Vom Hören und Singen

George Nussbaumer, in Dornbirn gebürtig und lange Jahre in Wien, lebt seit vielen Jahren im Bregenzerwald. Hier hat er am Hügel über Alberschwende seine Heimat gefunden. „Vielleicht weil ich in meiner Jugend so heimatlos war, ist mir das heute so wichtig“, sagt der von Geburt an blinde Musiker und Komponist.

Es ist noch ziemlich früh am Morgen, als wir uns an den großen Tisch in George Nussbaumers Haus setzen. Es wird weit nach Mittag sein, wenn wir wieder aufstehen werden. Bis dahin wird mich der Mann mit der tiefdunklen, warmen Stimme, der Fähigkeit, in kurzen Erzählszenen ganze Welten entstehen zu lassen und erstaunlich viele Dialekte im Mund zu haben, mit auf eine kurzweilige Reise durch seine Musikerkarriere nehmen. George Nussbaumer wächst Mitte der 1960er-Jahre in Dornbirn-Rohrbach auf. Seine Kindheit mit vier Geschwistern beschreibt er als „uneingeschränkt glücklich“. Das Blindsein war „nicht als Besonderheit vorhanden“. Das änderte sich mit dem Eintritt ins schulpflichtige Alter. George sollte die Blindenschrift lernen und musste deshalb in eine entsprechende Schule. „Sie war in Tirol, hieß ,Blindenanstalt‘ und wurde von Nonnen geführt. Es waren die ausgehenden 1960er-Jahre. Die großen Schlafsäle waren muffig. Es war kalt, dunkel und nicht lustig.“ George litt an Heimweh.

Das Radio half. „Ich besaß ein kleines Transistorgerät, das war wahnsinnig wichtig. Schon als Kleinkind liebte ich Kofferradios. Ich habe sie auseinandergenommen und Stroh hineingestopft, damit es die, die in meiner Vorstellung drin wohnten, fein warm haben. Die Mondlandung 1969 habe ich im Haus meiner Tante Anni in Langenegg am Radio mit ausgefahrener Antenne unterm Dach miterlebt.“ Nach zwei Jahren in Tirol wechselte George in ein Internat in die Schweiz. Die Zeit dort sei heller, lichter und leichter gewesen. Das Radio blieb ein wichtiger Begleiter. „Anfangs musste ich heimlich hören, und die Umstellung auf Schweizerdeutsch war groß, aber hilfreich.“ Die Sensibilität für Sprache bekam George von seiner Mutter Helga mit. „Mama war Wienerin. Sie hat sich in kürzester Zeit in den Vorarlberger Dialekten leichtlippig bewegt. Als sie dann einmal mit Verwandten in Wien telefoniert hat, habe ich erst gemerkt, dass sie von dorther kommt.“

Liebe und Begabung zur Musik kamen von Vater Hubert, er spielte Sopransaxophon. Als Kind lernte George zwar Blockflöte und nahm Klavierstunden, der Eintritt ins Musikerleben geschah allerdings eher zufällig. Nach der Schulzeit blieb er in der Schweiz, absolvierte die Handelsschule in Bern und arbeitete in einem College in Lausanne. Von einem Freund wurde er auf eine Party irgendwo in Bern mitgenommen. „Im Wohnzimmer stand ein Klavier, und weil manche zu südamerikanischer Musik trommelten, stimmte ich in die Salsa-Rhythmen mit ein, improvisierte und sang. Eine Frau stand plötzlich vor mir am Klavier und fragte, ob ich nicht Lust hätte, in einer Band zu spielen. Kurz darauf betrat ich das erste Mal in meinem Leben einen Proberaum.“ Er war bei der Bluesband des Sängers Max Gugger gelandet. „So schnell, wie ich drin war, war ich auch wieder raus“, erzählt er lächelnd. „Mir fehlte die Erfahrung mit dem Blues. Danach wollte ich nie wieder etwas mit Musik zu tun haben. Dann führte mich ein weiterer Zufall zurück nach Vorarlberg, wo ich am Spielboden mit Roland Wölfle und anderen ,Georgies Bluesband‘ gründete. Später ging es weiter nach Wien.“ Dort absolvierte Nussbaumer eine Ausbildung zum Heilmasseur. Abends spielte er in Wiener Lokalen und auf Bühnen.

Mit einer dänischen Soulband sollte ein Album entstehen, nur das Geld fehlte. Nussbaumer sammelte unter Freunden, binnen kurzem war alles bereit zur Aufnahme. „Doch einen Tag vor Start ging der Bandleader mit Womack & Womack auf Japantour. Ich hatte aber das Geld und den Auftrag, eine CD zu produzieren. Also tourte ich mit den dänischen Chorsängerinnen durch Österreich. Aus den Live-Mitschnitten wurde das Album ,Voices live‘ und verkaufte sich saugut.“ Einer der Höhepunkte war Nussbaumers Teilnahme am Eurovision Song Contest 1996 in Oslo. „Ich war der erste Teilnehmer, der mit einem Dialektsong zugelassen wurde. Ich habe das Rohmaterial eines Gospelsongs genommen, darin kommt immer ,freedom‘ oder ,god‘ vor. Wegen der ESC-Regeln durfte ich keinen englischen Text abgeben. Im Dialekt klingt ,weils dir guat goht‘ – ,weil es dir gut geht‘ – ähnlich wie ,good god‘. Wir reichten den Song anonym ein, und die meinten, es sei Norwegisch. Der ESC war aufregend und lehrreich, aber ich wollte mich nie in Abhängigkeit von einer Plattenfirma begeben.

Da ich schnell behaupte, etwas nicht zu können, bin ich froh, Freunde zu haben, die manchmal für mich stur bleiben. Etwa Stefan Vögel, der meinte, dass es ganz gut laufen könnte, wenn wir ein Kabarettprogramm auf die Bühne bringen würden. Wir spielten es 186 Mal und ich mochte jeden einzelnen Auftritt.“ Seit vielen Jahren lebt George Nussbaumer in Alberschwende. Hier ist auch das aktuelle Album entstanden: „Did anybody say it would be easy.“ „Bisweilen heißt es eben durchbeißen, das kann man von den Bregenzerwäldern ganz gut lernen. Manchmal kann es am Beginn etwas holpern.“ Wie mit dem Musikerkollegen Philipp Lingg, der den Hit „Vo Mello bis ge Schoppornou“ – ein Lied des Holstuonarmusigbigbandclubs – geschrieben hat. „Wir sind ziemlich wortlos bei einem Kaffee gesessen. Okay, habe ich irgendwann gesagt, wir könnten auf der Bühne das Gleiche machen, das wäre eine schräge Performance. Oder wir setzen uns ans Klavier und spielen.“ Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft und fruchtbaren Zusammenarbeit.

Autorin: Carina Jielg
Ausgabe: Reisemagazin Bregenzerwald – Sommer 2024

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