Wie stellt man sich einen richtigen Schuhmacher vor? Wohl männlich, über sechzig, mit grau meliertem Haar und Stoppelbart – also einen über einen Schuh geneigten Mann, mit Hammer und Raspel hantierend und dabei in einem Kellerräumchen sitzend, das kaum von Tageslicht durchflutet ist. Doch wer sich nach diesem Klischee auf die Suche nach einem Schuhmacher begibt, wird wohl nicht mehr fündig werden. Diese Art von Handwerker gibt es praktisch nicht mehr, obgleich das Handwerk noch immer weiterlebt – nur mit einem etwas anderen Gesicht. Eines davon ist das der Ina Rüf.
Ihre Schuhmacherwerkstatt befindet sich in Alberschwende. Sie ist nicht leicht zu finden. Wer zu ihr möchte, muss sich zuerst durch die Straße nach Fischbach schlängeln, in einer Wohnsiedlung taucht dann ihr Schild auf. Ihre Werkstatt befindet sich im Wohnhaus. Sie ist ebenerdig und hell. Gleich beim Eingang begrüßt einen eine Regalwand voller Leisten. Noch sei es eine bescheidene Sammlung, meint sie. Dahinter eine sogenannte Ausputzmaschine – gewiss hundert Jahre alt – zum Schleifen und Ausputzen der Schuhe, das schwerste Stück im Raum. In der Mitte ein großflächiger Arbeitstisch zum Zeichnen und Zuschneiden von Modellen und Mustern. Direkt am Fenster eine alte pechschwarze Adler-Nähmaschine sowie eine etwas neuere und im Eck, an einer Kastentüre hängend, die Arbeitsschürze.
Ina Rüf ist ihre Neigung nicht in die Wiege gelegt worden – keine Vorfahren, die auf Leisten und Stahlborsten zurückgriffen. Sie hat ihr Handwerk in Wien gelernt und das eher zufällig. Eigentlich war sie in die Hauptstadt gegangen, um zu studieren. Doch das war nicht das Ihrige. So jobbte sie in Büros: