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1.5. - 31.10.2024

Wandern wozu? Gute Gründe
C Helmut Düringer – Bregenzerwald Tourismus

Wandern wozu? Gute Gründe

Wandern wozu? Gute Gründe

Helmut (Heli) Düringer ist Bergführer, Fotograf und Papa. Wir, seine Kinder, sind Naturfans. Logische Konsequenz für mich: eine gemeinsame Tour auf die Hochkünzelspitze, 2.397 Meter hoch. Der Geruch von Jausenbrot, Sonnencreme und Vorfreude liegt in der Luft. Es fühlt sich nach Wandertag an wie noch zu Schulzeiten, nach Familienwanderung und Ausflug mit Freunden.

Wir stehen um 8.06 Uhr an der Busstation in Andelsbuch. Wir, das sind mein Vater Helmut, ein Fotograf und Bergführer, sowie seine Tochter, also ich. Wir beide wollen heute auf die Hochkünzelspitze, eine Bergwanderung, wie wir sie in meiner Kindheit oft gemacht haben. Diesmal soll mich mein Vater mit seiner Erfahrung auf die Besonderheiten des Weges aufmerksam machen. Eine geführte Bergtour sozusagen, und die Geführte bin ich. Er hat den Landbus Bregenzerwald als Anfahrtsgelegenheit zum Berg vorgeschlagen. Das Auto stand in unserer Familie lange für Unabhängigkeit und Ansehen. Aber damit ist seit langem Schluss. „Im Bus kann ich mich hinflacken und muss mich um nichts kümmern. Untertags haben wir in Vorarlberg eine super Taktung, das begünstigt die Planung“, ist seine Begründung. „Die Natur ist mein Arbeitgeber. Ich sehe es als meine besondere Verantwortung, darauf achtzugeben, das ist nie ein Verzicht.“ Er meint damit, die Öffis zu benutzen. Das macht ihm auch Spaß, er sieht sich nicht als moralisierender Naturapostel. Als 17-jähriger Pfister ist er noch abrupt vom Berg zurück nach Hause ins Tal geflüchtet. Heute gibt es kaum einen anderen Ort, an dem er sich lieber aufhält und um den er sich mehr kümmert, als die Berge.

Der Bus bringt uns zur Station Schoppernau- Schalzbach auf 900 Meter Seehöhe. Hier sind wir, ohne Suche nach einem freien Stück Asphalt mit Abstellerlaubnis. Vor allem aber ohne die Einschränkung, den Ausgangspunkt zum Ziel machen zu müssen. Der Bus ermöglicht uns Ortsungebundenheit, das heißt, wir können das Ziel unserer Wanderung ohne Abhängigkeit vom Auto wählen. Es regnet oft im Bregenzerwald. In Zeiten des Klimawandels, wo es immer trockener wird, eine gute Sache. Dem Niederschlagsreichtum der Region verdanken wir die saftiggrünen Wiesen, durch die wir unsere Schritte setzen. Lang erfahren im Wandern, verfallen wir in einen gemächlichen Rhythmus. Es geht bergan. Endlich auf der Oberschalzbachalpe. Hätten wir heute mehr Zeit, käme jetzt der Einkehrschwung. Doch wir müssen weiter. Vorbei am Alpgebäude sagt mein Vater: „Mich freut es, wenn die Alpen aktiv sind und eigene Produkte anbieten. Wir sollten das Angebot nutzen. So bleiben Traditionen und Rituale erhalten.“ Gut, aber diesmal nicht. Unterwegs Richtung Obere Gautalpe kommt er noch einmal auf die Alpwirtschaft zu sprechen. Er meint, Alpwirte, Politik, Tourismus und Freizeitwirtschaft müssten zusammenarbeiten und einander respektieren. Die Bereiche spielen letztlich zusammen. Kooperation bringe Mehrwert für alle. Wir hätten doch einkehren sollen, denke ich.

Die naturbewusste Erziehung durch meine Eltern hat ihre Wirkung nicht verfehlt. Ich Bergführertochter schaue nun immer, wo ich laufe. Wenn es einen Weg gibt, nehme ich ihn. Wenn etwas herumliegt, sammle ich es auf. Blumen fotografiere ich, statt sie auszureißen. Ein Wasserfall zu unserer Linken reißt mich aus diesen Gedanken. Mein Vater weist mit der Hand darauf und erklärt: „Beim Wandern kann man abschalten, die Umgebung genießen. Und sich ohne Gefahr unterhalten. Das Gemeinschaftliche taugt mir.“ Der Wasserfall gefällt auch anderen, eine Gruppe Wandernder hat sich versammelt. Mein Vater zuckt die Schultern: „Die anderen Menschen am Berg stören mich nicht. Ist doch cool, dass der Wandersport Anklang findet. Die Menschen sind unterwegs und draußen. Eine positive Entwicklung.“

Wir erreichen einen schmalen Bergpfad. Plötzlich verändert sich die Landschaft. Die Artenvielfalt der Flora steigt um ein Vielfaches. Knabenkraut, Alpenkratzdisteln und Eisenhut. Und was ist das? Ich zeige auf einen weißen Fleck. „Das ,Wanderkraut‘ Tempo“, lächelte mein Vater. „Es kommt in den Bergen ganz schön herum.“ Gehört aber nicht hierher, oder? „Nein, wir sollten unsere Abfälle mitnehmen und nicht einfach liegenlassen.“ Achtsamkeit anderen Wandernden und der Natur gegenüber sollte eine Selbstverständlichkeit sein. „Wenn jeder auf sich schaut, ist auf alle geschaut.“ Die Umwelt geht wie das Klima uns alle an. „Ohne unser aller Zutun gibt es keine Zukunft für uns auf der Erde lebenden Menschen.“ Ein Murmeltier schlägt Alarm. Über uns kreist ein Adler. „Es ist halt die Wahrheit: Wir können nicht tun und lassen, was wir wollen.“ Mein Vater versucht mir Orientierung im Gedanken-Pingpong zwischen Verantwortung und Recht auf Selbstbestimmtheit zu vermitteln. Meine Blicke folgen dem Adler. Das Murmeltier ist verschwunden. „Wenn man aufpasst, können alle koexistieren“, sagt mein Vater. „Man muss den Menschen einen bewussten Umgang miteinander vermitteln. Wenn einmal ein Biker kommt, passt das auch, aber genauso muss der Biker stehenbleiben können, wenn Wandernde aufkreuzen. Das wäre wichtig für Wirtschaft und Region.“

C Helmut Düringer – Bregenzerwald Tourismus
C Helmut Düringer – Bregenzerwald Tourismus

Vor uns liegt ein Bergsee. Genug der Worte, wir genießen einen „Schwumm“. Baden in kristallklarem Wasser vermittelt mir ein Hochgefühl, das bis in den Kern jeder meiner Zellen zu dringen scheint. Der Weg führt uns auf ein Joch. Hier beginnt die alpine Einöde. Mein Vater versucht mir die Schönheit der schroffen Landschaft auszumalen. Das exponierte Gelände biete doch immerhin Weitblick. Natürlich könne es hier heroben auch anstrengend werden: die Kälte, der Wind. Hier spürt man das Wetter und sich selbst, eingebettet in dem, was wir Natur nennen. „Schätzen wir doch die Gegensätze“, sagt er. „Das Karge hier ebenso wie die reichhaltige Vegetation im Tal.“ Die letzten Meter zum Gipfel der Hochkünzelspitze legen wir beinahe kletternd zurück. Wir treffen auf zwei Wegwarte des Alpenvereins Biberach, wie sie erzählen. Sie arbeiten an den Wegen, auf denen wir wandern, leisten so Arbeit für andere, auch für uns. Mein Vater mag solche Treffen am Berg, solche „Zufallsgeschichten“. „Wenn man sich auf die einlässt, die man trifft, ergeben sich die schönsten Gespräche. Am Berg sind eh alle kommod.“

C Helmut Düringer – Bregenzerwald Tourismus

Auf dem Gipfel fragt mich ein achtjähriges Mädchen, ob ich ein Foto von ihr und ihrem Papa machen könne. Noch eine unterwegs mit ihrem Vater. Ja, klar mach ich das Foto! Der Abstieg hat seine eigenen Vorzüge. Auf den Serpentinen hinab in Richtung Schröckener Landsteg gerate ich in eine Art meditativen Zustand. Sie hält bis zur Busstation an. Und hier heißt es warten. Eine Pause, bevor es in den Trubel des Tals zurückgeht. Mein Blick wandert weiter über die Bergkämme, weiter … Da ist der Bus. Der Landbus Bregenzerwald kutschiert uns bequem zurück. Was so eine Familienwanderung alles auslösen kann: Gedankenanstöße für meine Haltung zum Leben, weit mehr als bloß ein Dopaminrausch. Ich nenne es Happiness. Sie fühlt sich gut an.

Autorin: Christina Düringer
Ausgabe: Reisemagazin Bregenzerwald – Sommer 2024

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