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Sie webt, klöppelt, gabelt, filzt und vermischt längst vergessene Techniken

Sie webt, klöppelt, gabelt, filzt und vermischt längst vergessene Techniken

Natürlich lernte sie auch die Pariser Stickerei. Neben ihrem Bauernhof in Krumbach hat sich Martha Niederacher eine Textilwerkstatt bauen lassen. Was als verrückte Idee galt, bringt ihr heute Aufträge aus ganz Europa ein.

Die Sonne fällt durch die Buntglasfenster der Lingenauer Kirche und zeichnet farbige Flecken auf dreizehn dunkle Seidentücher, die hintereinander über dem Altar hängen. Darauf sind aus Bergschafwolle römische Zahlen gefilzt. Die Seidentücher hat Martha Niederacher gefertigt. In Krumbach führt sie eine Textil-Werkstatt und bietet Urlaub am Bauernhof an. Beides ergänzt sich.

Aufgewachsen ist sie auf einem Hof in Sulzberg/Thal. Immer schon sitzt sie gern an Mamas Nähmaschine. Schneiderin will sie werden. Bäuerin auf keinen Fall. 1969 aber gibt es nur eine Schneiderin, die Lehrlinge ausbildet. Dieser Platz bleibt Martha verwehrt. Sie bekommt Arbeit in der Textilfabrik Benger. Zwei Vorarbeiterinnen erkennen ihr Talent und nehmen sie unter ihre Fittiche. Fünf Jahre später heiratet Martha einen Krumbacher. Und wird Bäuerin. Sie bekommt drei Kinder und macht die Meisterprüfung in ländlicher Hauswirtschaft. Zusätzlich arbeitet sie fünfundzwanzig Jahre lang als Servicekraft in der Gastronomie. Sie engagiert sich an allen Ecken und Enden und wird zur Orts- und schließlich zur Gebietsbäuerin gewählt. Der Krumbacher Bürgermeister holt sie in die Gemeindevertretung. Zwei Jahre lang ist sie Vize-Bürgermeisterin. Als Erstes sorgt sie dafür, dass Bäuerinnen den Computerführerschein im Bregenzerwald machen können. Dann organisiert sie einen Foto-Kurs. Bäuerinnen stellen sich auf ihren eigenen Fotos so dar, wie sie sich selber sehen, nicht in Kopftuch und Gummistiefeln, sondern auf großen Traktoren und am Computer. Die Foto-Ausstellung „Bäuerin sein heute“ wird ins Frauenmuseum Hittisau geholt. Parallel dazu werden textile Handarbeiten ausgestellt, die auch verkauft werden sollen.

 

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Martha Niederacher beobachtet die Kunden. Obwohl die Stickereien technisch auf höchstem Niveau produziert sind, wird das Design nicht mehr angenommen. Die Zeiten sind vorbei, in denen Busladungen gehäkelter Vorhänge aus dem Bregenzerwald in jeden Winkel Österreichs gekarrt wurden. Die neue Architektur verlangt nach anderen textilen Wohnaccessoires. Sie erkennt, dass ein wichtiges Kulturgut im Begriff ist auszusterben. Das Thema lässt sie nicht mehr los. Gemeinsam mit anderen Frauen ruft Martha Niederacher ein Leader-Projekt ins Leben – ein Projekt für regionale und ländliche Entwicklung, bei dem Frauenarbeitsplätze und Frauenselbstständigkeit wichtige Inhalte sind. Diesmal geht es um die Rettung einzigartigen Kulturgutes. Zur Umsetzung wird ihnen ein öffentlicher Keller zur Verfügung gestellt. Sie ergreift die Chance, eine eigene Textil-Werkstatt zu bauen, angeschlossen an ihren Urlaub am-Bauernhof-Betrieb, den sie seit 1995 führt, Whirlpool und finnische Sauna inbegriffen. Fest entschlossen legt sie ihrer Familie einen Finanzierungsplan vor. Und weil ohnehin ein Hackschnitzelheizwerk für die Parzelle gebaut wird, plant der Architekt eine Werkstatt dazu. Der finanzielle Aufwand ist hoch und noch glaubt keiner in der Familie, dass ihre Rechnung aufgeht. Heute kann sie sich vor Aufträgen kaum retten. Sie schneidert nach Maß. Für ihre einzigartigen Kleider, Taschen, Hüte, Schals, Mäntel und Accessoires verwendet sie ausschließlich Seide und Wolle. Sie webt, klöppelt, gabelt, filzt, näht und spinnt, vermischt längst vergessene Techniken und interpretiert Altes neu.

Die Pariser Stickerei lernte sie von Anna Reichetzeder, deren Vorhänge heute noch in der Hofburg in Wien hängen. Andererseits unterrichtet Martha Niederacher Weben an der HTL in Dornbirn und bietet Textilkurse über die VHS Bregenz und Rankweil in ihrer Werkstatt an. Es erweist sich als Glücksfall, dass sie Zimmer vermietet. Urlaub und Handarbeit lassen sich gut verbinden. Gruppen melden sich für Kurse an und wohnen im Haus. Sie kommen aus Holland, Norwegen, der Schweiz und Deutschland. Augenblicklich wird der oberste Stock des Bauernhauses um zwei Einzelzimmer erweitert. Eines Tages steht der renommierte Architekt Ernst Beneder in ihrer Werkstatt. Im Aktenkoffer die Pläne für die Lingenauer Kirche. Tafeln von 260 mal 260 Zentimeter sollen mit Glas, Textilien oder anderem Material gefüllt werden. Martha Niederacher soll ihn mit einer Idee überzeugen. Sie reagiert gelassen, weil sie überzeugt davon ist, als Ein-Frau-Unternehmen keine Chance zu haben. Trotzdem liefert sie Vorschläge. Mit keinem ist der Architekt zufrieden. Er fordert sie so lange heraus, bis sie zu einem Punkt kommt, wo sie merkt, dass sie den Auftrag unbedingt haben will. Sie bekommt ihn. Und heute hängen ihre dreizehn dunklen Seidentücher über dem Altar der Kirche in Lingenau.

Autorin: Irmgard Kramer
Ausgabe: Reisemagazin Sommer 2015

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