Hat die letzte Skifahrerin die Piste verlassen und der letzte Snowboarder sein Brett abgeschnallt, herrscht für einen Moment Stille auf den Skipisten in Damüls-Mellau. Die Hänge liegen abgefahren da, jeder Schwung, der tagsüber gemacht wurde, hat seine Spuren hinterlassen. Der Moment der Ruhe wird vom Brummen einer herannahenden Pistenraupe unterbrochen.
Herbert Rüf ist gekommen, um seine Pisten wieder aufzuräumen. Um Hügel zu begradigen, Eisplatten zu bedecken und am Ende eine faltenlose, ausgeebnete und mit feinen Spurrillen überzogene Piste zu hinterlassen.
Am Anker über der Piste „Hahnenkopf“ in Damüls-Mellau
Seit 38 Saisonen ist Herbert Rüf im Winter Pistenraupenfahrer. Im Sommer lebt der gelernte Senn auf seiner Alpe, zusammen mit seiner Frau Barbara, Geißen, Kälbern und Kühen. Zu Rüfs Einsatzgebiet im Winter gehört aber nicht die Alpe, sondern die tiefschwarze Piste „Hahnenkopf “ unter der Sunnegg-Bahn, die mit bis zu siebzig Prozent Gefälle zu den steilsten im Skigebiet zählt. Um sich während des Dienstes in diesem extremen Gelände auf sein Gerät verlassen zu können, ist vor jedem Start eine Inspektion der Raupe unerlässlich. Ist das Seil der Winde noch intakt? Funktioniert die Hydraulik, wie sie sollte? Erst wenn er alles überprüft hat, startet Rüf seine Tour.
Entlang der flachen Ausweichrouten geht es zunächst gemächlich den Hang hinauf. Ganz oben angekommen, befestigt er das Seil seiner Winde an einem Anker, der in der Mitte der Piste aus dem Schnee ragt. Daneben stellt er als Warnung ein Blinklicht, denn das Stahlseil ist im Dunkeln kaum zu erkennen und kann für nächtliche Skitourengeher gefährlich werden. Mit eingehängter Seilwinde geht es nun über die Kuppel direkt den Abhang hinunter.
„Wenn es richtig eisig ist, dann hängt die ganze Maschine nur noch an der Seilwinde“, kommentiert Rüf die Abfahrt, während er in seinem Gurt hängt. Gefährlich sei das Ganze aber nicht. Unten angekommen, beginnt er nun die tägliche Sisyphusarbeit. Der Schnee, den jeder Schwung talwärts transportiert hat, wird mit dem dreiteiligen Schild von unten nach oben „an Ort und Stelle zurückgebracht“, wie Rüf es nennt. Zum Schluss zieht die nachgezogene Fräse feine, regelmäßige Rillen in den Schnee.
Eine Herausforderung bei der Arbeit im Schnee seien die wechselnden Bedingungen. Pulverschnee etwa ist am einfachsten zu verarbeiten. Nasser Schnee hingegen braucht viel Kraftaufwand, um verschoben zu werden. Grundsätzlich werde bei jeder Witterung gefahren, sie beeinflusse lediglich, ob morgens oder abends: „Wenn über Nacht Schnee kommt, müssen wir das natürlich für den Morgen vorbereiten. Wenn es aber ruhig bleibt, arbeiten wir am Abend, damit die Piste über Nacht aushärten kann“, erklärt der Bregenzerwälder.
Nach getaner Arbeit an der ersten Piste wird es Zeit fürs Abendessen. Für eine Stunde mischen sich die Raupenfahrer unter die Gäste in Damüls-Mellau. Danach wird so lange präpariert, bis die Pisten perfekt sind. Das dauert in der Regel bis zwei Uhr morgens – für Rüf kein Problem: „Die Nachtarbeit macht mir nichts aus, dafür bin ich tagsüber daheim. Das hat auch Vorteile.“