Im Löschwasser schwamm ein Gemälde mit dem Gesicht nach unten. Heidi zog es heraus, löste es vorsichtig aus dem Rahmen, die Farben waren blass, aber noch da. Ihr Bauernhof existierte nur noch auf diesem Gemälde. Neun Familienmitglieder und das Vieh, welches zu dieser Zeit glücklicherweise auf dem Vorsäß war, mussten eine Herberge finden. Aber wenn Gott eine Tür zuschlägt, geht irgendwo eine andere auf. Durch die große Nachbarschaftshilfe fanden alle Familienmitglieder in zwei Wohnungen eine Unterkunft auf Zeit. Johann beginnt nach wenigen Tagen von modernen Wirtschaftsräumen zu träumen und Heidi gräbt einen geheimen Wunsch aus: Sie möchte Gäste beherbergen, wie sie das als Kind zu Hause in Schoppernau erlebt hatte. In Gedanken malt sie schon die Wände ihrer Ferienwohnungen aus: „Morgentau“ soll grün werden, wie die Hoffnung, und vier Personen Platz bieten, eine große Glasschiebetüre soll hinausführen auf eine sonnige Holzterrasse. Die Ferienwohnung „Bergblick“ soll in sanften Brauntönen leuchten und rollstuhlgerecht sein. „Sonnenaufgang“ ist der richtige Name für die dritte Wohnung. Heidi hört schon Frühstücksgeschirr klappern – frische Milch, Eier vom Stall, selbst gemachte Erdbeermarmelade, Bergkäse auf dem Tisch. Irgendwo lacht ein Kind, weil ein Kälbchen an den Fingern leckt, ein anderes darf auf dem Traktor mitfahren. Ein älterer Herrn läuft barfuß durch den Schnee, seine Frau fotografiert glitzernde Eiszapfen. Vielleicht wäre es überhaupt eine gute Idee, sich besonders um Gäste über fünfzig zu bemühen. Sie spricht ihre Wünsche laut aus. Johann unterstützt sie, findet es gut, dass sie einen ihm gleichgestellten Beruf haben will. Der Bruder nimmt ein Jahr Urlaub, um zu helfen. Johann fängt sofort an, Holz zu schlägern – 250 Bäume sind nötig für Wohnhaus, Stall und Heubergehalle. Einige Tannen bekommt er geschenkt. Die besten Pflöcke lässt er zu Schindeln spalten und trocknen. Im November beginnt der Aushub. Aufgeregt verfolgen Heidi und Johann, wie ihre Träume Wirklichkeit werden.