Mellau-Damüls ist ein abwechslungsreiches Skigebiet im Bregenzerwald. Nicht nur, weil es hier für jeden alpinen Wintersport die richtigen Voraussetzungen gibt, sondern weil hier auch Menschen leben, die weder aus Mellau noch Damüls, ja nicht einmal aus dem Bregenzerwald stammen. Es sind vor allem Frauen, die aus verschiedenen Ländern hierhergezogen sind. Nun tragen sie wesentlich dazu bei, aus diesen Skigebieten etwas Besonderes zu machen. Zwei von ihnen, die eine aus Belgien, die andere aus der Steiermark, stellen wir hier mit ihrer Geschichte vor.
Christiane Sap kommt 1946 im belgischen Brügge zur Welt. Sie wächst zwischen mittelalterlichen, weiß getünchten Häusern und Pferdekutschen auf. Schwäne gleiten über verwunschene Kanäle. Weltenbummler tummeln sich im „Venedig des Nordens“, wo es nach Schokolade riecht, Musikliebhaber die Konzertsäle stürmen und Diamanten den letzten Schliff bekommen. Brügge ist eine Stadt mit 117.000 Einwohnern und für manche die schönste der Welt.
Isabella Werschnig kommt 1981 im südoststeirischen Unterpurkla zur Welt. Sie wächst zwischen Apfelbäumen und Kürbisfeldern auf einem Bauernhof nahe der slowenischen Grenze auf, wo es nach Kräutern riecht. Schweine quieken im Stall. Erholungssuchende stürmen die Therme Bad Radkersburg. Radfahrer strampeln durch sanfte Wälder und üppige Weinberge. Unterpurkla ist ein Dorf mit 320 Einwohnern und für manche das schönste der Welt. Auf den ersten Blick scheint diese zwei Frauen nichts miteinander zu verbinden. Und doch haben sie etwas gemeinsam: Die Liebe hat sie in den Bregenzerwald gebracht. Beide vermieten Zimmer. Beide kochen. Beide haben eine zweite Heimat gefunden. Christiane Haller in Mellau im „Haus Brügge“, Isabella Werschnig in Oberdamüls im „Jägerstüble“.
Von Brügge nach Mellau.
Vielleicht beginnt Christianes Geschichte bei ihrer Großmutter, die so gut kocht, dass sie jeden Mittag die fertigen Speisen auf ein Pferdefuhrwerk lädt, um Apotheker, Ärzte, Notare und Advokaten zu beliefern. Christianes Vater, ein kulinarischer Genießer, führt einen kleinen Lebensmittelladen und kommt in den Fünfzigerjahren auf die Idee, eine Messe für Gastronomie und Tourismus zu organisieren. Was mit ein paar Ständen beginnt, endet mit drei riesigen Hallen, zwei Zelten und einem Buch über ihn anlässlich seines 90. Geburtstages. Er beginnt mit Kochvorführungen, gründet den Verein der Käseritter – ähnlich der KäseStrasse – und ist mit den Haubenköchen Europas befreundet. Aus jeder Speise kann er die Zutaten herausschmecken. Diese Fähigkeit erbt Christiane. Während ihre fünf Brüder studieren dürfen, muss Christiane im elterlichen Betrieb helfen. Sie arbeitet im Büro, auf der Messe und im Haushalt. In Abendkursen macht sie das Diplom zur Arzt- und Zahnarztassistentin. Von jetzt an kümmert sie sich neben der Hausarbeit nachts um alte und pflegebedürftige Menschen. Sie kämmt ihnen die Haare und hilft ihnen beim Einschlafen.
Vom Bregenzerwald hört sie zum ersten Mal von Erich Behmann, einem Kaufmann aus Egg. Vorausschauend besucht er die neue Messe in Brügge. Dann bedient Christianes Bruder vorübergehend an der Nordseeküste in einem Hotel, wo er eine junge Mellauerin namens Herma Giesinger trifft. Er solle doch einmal ins schöne Mellau kommen, meint sie. Das tut er. Zuhause gerät er ins Schwärmen. Worauf die Eltern Christiane für ihre harte Arbeit belohnen wollen. Sie schenken ihr einen Monat Urlaub in Mellau bei der Familie Giesinger. Als Christiane im Februar 1969 mit ihren Eltern nach Mellau fährt, schüttet es in Strömen. Am Dorfeingang schauen ihr drei verlorene, nasse Kühe nach. Wo ist sie da nur gelandet?