Ich möchte euch die Geschichte vom Sonderdach erzählen, einem, nein, dem Ort meiner Kindheit. Mindestens zweimal im Jahr konnte ich hier einige Tage Ferien verbringen. Im Elternhaus meines Vaters, der Sonnalp. Hier durfte ich wach bleiben, bis mir die Augen zufielen, am Abend mit meinen Freunden durchs frisch gemähte Heu tollen und mit dem Geschirr meiner Großmutter und den Zutaten von Mutter Natur kochen – auch wenn es nicht wirklich essbar war.
Mein Vater hat mir Geschichten von einem kleinen Füchschen erzählt und manchmal, wenn es am Abend ganz still wurde am Sonderdach, habe ich sie gesehen, die Tiere aus dem Wald, ob Reh, Fuchs oder Hase. Wildkatzen habe ich versucht zu zähmen, ohne Erfolg. Raupen haben wir gesammelt, schwarz-orangefarbene. Vor den Bergmulchen hatte ich Angst, aber mein Bruder fing sie ein. Bei Regen haben wir große Schnecken geholt. Im Winter hatten wir eigene Pisten und Schanzen. Ich war ängstlich, bin nie gesprungen – aber gern habe ich dem Vater bei seinen Kindheitsgeschichten zugehört, wie er hier mit Toni Innauer Schanzen gebaut hat. Sogar über Hausdächer konnten sie springen.
Es sind Kindheitserinnerungen, unbeschwerte, vom Sonderdach. Das ist ein kleines Vorsäß über Bezau und die Mittelstation der Sonderdach-Bahn zur Bergstation Baumgarten. Im Mai beziehen einzelne Bauern für vier Monate im Jahr ihre urigen Vorsäßhütten. Und ein Restaurant gibt es hier auch, geführt von der Schwester von Toni Innauer, Berghild. Obwohl das Sonderdach nur per Seilbahn erreichbar ist – ich weiß, kaum vorstellbar in der heutigen Zeit – wohnt Berghild ganzjährig hier oben.