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Schmuck am schmucken Haus

Schmuck am schmucken Haus

An alten Bregenzerwälderhäusern sind Schmuckelemente und Verzierungen zu erkennen. Diese Zeichen des menschlichen Spieltriebs sind für zeitgenössische Architekten ein letztes Tabu. Im Handwerk aber lebt das Ornament schon wieder auf.

Was für ein Eindruck! Lässt man, vom Allgäu her kommend, Hittisau hinter sich, so öffnet sich der Horizont, der Blick geht hinüber zu den Hängen von Schwarzenberg, zur Lorena oder auch zur Niedere: weites Land, gepflegtes Grün, darin einzelne Bauernhäuser. Eins springt immer wieder ins Auge: ein Bauernhaus, wohl hundert Jahre alt. Unverkennbar Vorderer Bregenzerwald, Giebel mit strenger Symmetrie, stattlicher Eingang mit gespiegelten Treppen, graue Schindeln, die Quadrate der weiß gerahmten Fenster regelmäßig verteilt mit grünen Läden, aufgehängt an den weißen Bändern des Wurfs. Eigentlich nichts Ungewöhnliches. Was aber staunen macht, ist das Giebeldreieck.

Da haben Symmetrie und Geometrie des rechten Winkels ihre liebe Not. Was hier zu sehen ist, sucht seinesgleichen: Fenster in Herzform, als Fischblase, im Halbkreis, einzeln oder gespiegelt. Man kennt ja Ähnliches – doch diese gestalterische Freiheit hier, gekonnt und mit souveräner Geste gemacht? Sind es Symbole? Manches lässt sich entschlüsseln, manches kaum. Doch an diesem Giebel wird unmissverständlich klar: Es war eine Zeit – und sie ist noch nicht gar so lange her –, da haben sich Menschen solche Verspieltheit herausgenommen. Heute nennen wir diese Zeit finster und beschwerlich, sind jedoch offensichtlich zu solcher Leichtigkeit nicht mehr fähig. Das letzte Tabu der Baukunst Beim Bauen gibt es heutzutage fast kein Tabu mehr. In der Architektur scheint es geradezu darum zu gehen, „Normalbetrachter“ zu verblüffen. Nur ein Dogma hält sich hartnäckig: keine Verzierung!

 

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Gut hundert Jahre sind es her, da Adolf Loos durch die Verbindung der Wörter „Ornament“ und „Verbrechen“ dieses Tabu in die Architektenwelt setzte: Das Ornament gehöre primitiven Kulturen an. Der Mensch der modernen Zivilisation dagegen verhalte sich durch und durch rational und bewege sich schnörkellos durchs Leben. Aus war’s mit Schmuck und Zierde. Wie irrational ist die Zierde eines Bregenzerwälderhauses tatsächlich? Was jenseits eines kalkulierbaren Nutzens liegt, also „bloß“ schmückt, lässt sich nicht berechnen. Die Fenster des Giebels von unserem Haus im Vorderwald sind in ganz Vorarlberg einzigartig. Man findet freilich zahlreiche ähnliche Lösungen. Offenbar liegt auch dem Hausschmuck Regelmäßiges zugrunde. Zierelemente lenken die Aufmerksamkeit und heben etwas hervor.

Bestimmte Bereiche werden durch Schmuck ausgezeichnet. Dabei besteht so etwas wie ein Vokabular der Motive. Schmuck ist mehr als Zierde Beobachtungen der Ethnologie legen nahe, dass der Mensch sich schmückt, bevor er sich schützt. Die bemalte Haut bezeichnet, zeichnet aus, stellt Beziehungen zu Gottheiten und Mitmenschen her, nimmt dem Bezeichneten seine Nacktheit. Schmücken, bedecken und schützen liegen nah beieinander. Der Mensch tritt durch Schmuck in Beziehungen ein und hinterlässt Spuren. Jedes Zeichen, das ein Kind in den Sand gräbt, und jedes in Baumrinde geschnitzte Muster legen davon Zeugnis ab. Der Architekt und Theoretiker Gottfried Semper ging einst diesen Zusammenhängen nach: „Bekleiden und Maskiren “ – so seine Worte – seien so alt wie die menschliche Zivilisation und die Freude daran sei mit dem, was Menschen zu Künstlern macht, identisch. Im Textilen sah er den Ursprung des Bauens, im Winden den Ursprung der Wand, und damit der Raumbildung. Dieses „Geflecht“ verdankt sich handwerklicher Technik und ist mit einer Wahl verbunden: der zwischen beiden Bändern, die geflochten werden. Da zeigen sich Muster.

Im Verbinden, Verweben, Verknüpfen und Verknoten ist Technik von Schmuck nicht zu trennen. Im Gegenteil: Gerade die technische Vollendung, also die richtige Behandlung des Stoffs nach seinen Eigenschaften, lässt ihn selbst vergessen und treibt stattdessen Blüten – handwerkliches Können wird Kunst. Nicht nur die Wälderin mit ihrer Fertigkeit im Herstellen kunstvoller Textilien weiß davon. Auch ein Bauer, wenn er sein Haus errichtete – durch Verzinken, Verschränken, Überlagern und Schichten von Holzelementen. Das macht sogar der Dialekt deutlich: Das Stabilisieren der Wände durch Überlagern verzinkter Hölzer heißt „Stricken“. Aus Querschnitts- und Richtungswechsel leitet sich die Zahnleiste her. Aus dem Vorschub ein Profil. Handwerk bringt den Schmuck Die handwerkliche Technik mit richtiger Behandlung des Stoffes etwa zum besseren Wetterschutz ergibt Muster, die zu Ziermotiven stilisiert werden können. So sind es die Übergänge, wo eins zum andern kommt, eins mit dem andern je besonders verbunden ist, die Schmuck zeigen: Stützen mit Balkenauflager, Hausecken, Fenster und Türen oder auch Wandabschlüsse. Hier verknüpfen Muster die verschiedenen Teile. Und treiben besondere Blüten an ganz besonderen Stellen: etwa, wo die rechtwinklig geordneten Flächen der Wände an das Dach stoßen, also im dreieckigen Giebel.

 

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Kein Schmuckelement der alten Häuser gleicht einem anderen. Dennoch folgen sie Konventionen. Ein Verhältnis, das mit Wiederholung wenig, mit Spiel viel zu tun hat: Niemand käme auf die Idee, die Strenge des Schiedsrichters gegen die Genialität eines Spielzuges aufzurechnen. Nicht anders beim handwerklichen Schmuck der Bregenzerwälderhäuser. Der Logik des Holzes ist zu folgen, ohne sich von ihr begrenzen zu lassen. Das setzt Spieler voraus, also Persönlichkeiten, die etwas Bewundernswertes zustande bringen, wovon kühler Verstand und Nutzdenken keine Ahnung haben. Statt Zeichen am Haus Häuser als Zeichen Ist es nach Loos also endgültig mit Schmuck, Zierde und Ornament in der Architektur vorbei? Nicht ganz. Die Spieler scheinen verschwunden zu sein, das Ornament hat sich zum Scheinriesen verwandelt. Besonders wichtige Teile eines Baus werden heute nicht mehr ausgezeichnet. Es ist das ganze Gebäude selbst, das zum Zeichen wird. Architekten verkleiden die Häuser nicht mehr durch Schmuck, sie entwerfen Häuser als Schmuckstücke. Seit das Haus vom Ornament befreit wurde, ist es selbst eines geworden.

Doch weil es so ist, bleibt es nicht so – warum auch? Immer hat Hergebrachtes angeregt, auf eigene Weise fortzufahren. Man lässt sich von Hergebrachtem anregen und setzt es einfach auf seine Weise fort. Ein Fenster muss nicht wie mit der Schere aus der Wand geschnitten sein. Ein Wandabschluss nicht wie mit dem Lineal gezogen, eine Wand nicht glatt wie Walzblech sein. Das klassische Ornament erhält neue Bedeutung. Übergänge und Verbindungen werden wieder thematisiert, moderne Technik kann das bekräftigen. Bei den Handwerkern des Bregenzerwalder lässt es sich schon erkennen. So zeigen etwa die neuen Möbel der Handwerker des Werkraum eine Stilisierung der Holzzinken, wechselnden Flächen und Webmuster. Neue Fügetechniken, computergesteuerte Werkzeuge und der internationale Know-how-Transfer machen es möglich. Kehrt die Ornamentierung als Ausdruck des Spieltriebs des Menschen auch in die Architektur zurück?

Autor: Florian Aicher
Ausgabe: Reisemagazin Sommer 2016

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