Wie man sich bettet, so liegt man. Hoch und weit fliegt das Leintuch, das von zwei Armen in die Luft geworfen wird, um akkurat auf der Matratze zu landen. Die Arme sind geübt, die Hände haben das unzählige Male gemacht, den schweren Baumwollstoff umgeschlagen, ihn mit gestreckten Fingern glatt gestrichen. Präzise, exakt. Das Leintuch wird zur Leinwand, das Streichen zum Knistern eines uralten Films. Der endet abrupt. Das Kissen wird geschüttelt, längs aufgestellt. In der Mitte eingeschlagen. Mit der Handkante. Eine tiefe Schneise, an den Ecken spitze Berge. Piff, puff – zack. Im Küefer-Martis-Huus im liechtensteinischen Ruggell, einem Museum in einem jahrhundertealten Bauernhaus, präsentiert Heide C. Heimböck ihr Video auf dem Dachboden, projiziert auf ein an der Wäscheleine hängendes Tuch. Auf dem Boden ein Haufen Buchenlaub. „Das wurde früher als Füllung für die Matratzen verwendet. Von den Gemeinden wurden Listen geführt, welche Familie wann wie viel Buchenlaub sammeln durfte,“ sagt Heimböck und zeichnet mit ihren Händen in der Luft. „Das Laub war anfangs praktisch, doch mit der Zeit zerbröselte es, wurde hart und ließ für den Kopf nur eine unverrückbare Mulde.“
Als Heimböck in den 1970er Jahren in Au im hinteren Bregenzerwald aufwuchs, gab es keine Buchenlaubmatratzen mehr. Doch im Haus ihrer Großmutter war im Giebel noch die Kammer, in der das Laub einst getrocknet worden war. Das Video trägt den Titel „Als ich noch Dein gutes Kind war“. Ein Satz aus einem Brief der 1907 verstorbenen deutschen Malerin Paula Modersohn- Becker. Sie war eine der kühnsten Vertreterinnen des Expressionismus, ihr Leben ein Kampf gegen die patriarchale Gesellschaft. Im Brief mit besagtem Zitat ging es um die Frage, was ein Mensch tun muss, um noch als „gutes Kind“ durchzugehen.