An meinem 21. Geburtstag im letzten Sommer nahm mich mein Bruder Konrad mit zum Wasser. Nachdem er in der Morgendämmerung zwei große Forellen aus der Bregenzerach gelockt hatte, setzte er, vom Jagdtrieb ganz übermütig, noch einen drauf. Wir zogen ohne Angel und ohne die übliche, protzige Profiausrüstung los, mit unseren bloßen Händen als Werkzeug. Vor Jagdbeginn gingen wir eine halbe Stunde am Bachrand entlang und schauten ins Wasser. Ich fühlte mich geehrt, weil Konrad gewöhnlich am liebsten allein durch die Gewässer zieht, und glücklich wegen der Sonne, die auf dem Wasser blitzte. Er zeigte auf einen großen freistehenden Stein in der Strömung. „Ich bin mir sicher, da steht einer drin.“ So schnell konnte ich den Stein gar nicht wahrnehmen, wie Konrad sich auf den Bauch geworfen hatte, die Hand bis zum Schulterblatt im Wasser. Er lachte mir zu, seine Augen leuchteten hell, wie immer, wenn er seine „Krallen“ ausfährt. „Ich hab ihn berührt, komm schnell, hilf mir, den schnappen wir!“ Ich versuchte, von der anderen Seite mit meinen Händen eine Mauer zu bilden, erschrak aber bei der ersten Berührung mit der Forelle – glitschig und unheimlich flink.
Konrad belächelte meinen Anfängerfehler und fasste wieder hinein. Ich half ihm wieder, doch der Fisch war weg, schneller als unsere Hände je sein könnten. Wobei die gefühlte 25 cm lange Forelle nicht wusste, wer da hinter ihr her war. Konrad griff unter einen anderen Stein und fasste sie kurz. Der Fisch sprang erschrocken aus dem Wasser und tauchte wieder unter. Wir jagten ihn durch die Nachbarsteine, bis er müde war. „Der Arme, ich will ihm eigentlich keinen Schrecken einjagen; jetzt müssen wir ihn fangen, sonst quälen wir ihn“, sagte Konrad und hob ihn aus dem Wasser. Eine schöne, kleine Bachforelle lag in seiner Hand. Wir hatten beide Mitleid, weil uns ihr freches Verhalten gefallen hatte. Doch dann schlug Konrad sie an einen kleinen Stein, um sie zu betäuben. Er gab mir das reglose Tier in die Hand und holte sein Taschenmesser aus dem Rucksack. „Ein Stich hinter den Kiemen, direkt ins Herz, ist die schonendste und sicherste Methode.“ Sie litt keine Minute und wir freuten uns über unseren gemeinsamen Fang mit bloßen Händen.