Die Menschen hier leben eingebettet und geschützt durch die Berge rundherum – aber früher auch abgeschnitten und isoliert. Grenzen engen nicht nur ein, sie führen auch zu Konzentration und Expertise. Begrenzte Ressourcen zwingen zum Blick auf die eigenen Möglichkeiten. Dass diese Konzentration auch zu Sturheit und Verbissenheit führen kann, steht außer Frage. Aber wer einmal einen Bissen von einem frischen Stück Bregenzerwälder Käse genommen hat, weiß den Perfektionismus zu schätzen. In Guatemala, Mittelamerika, geboren, kam ich mit drei Jahren hierher. Immer hielt ich mir die Nase zu, wenn jemand mit Käse in meine Nähe kam. Unbekannt und scharf stieg mir der Geruch in die Nase. Geschmäcker und Gerüche wollen erlernt werden. Meine Mutter, gebürtige Wachauerin, nahm uns immer mit zum Käsekaufen. Mein Bruder war ganz gierig darauf. Er hatte es leichter mit dem scharfen Geschmack. Anfangs wartete ich immer im Auto, wenn die beiden zu Anton Greber durch den Stall in den Käsekeller gingen. Die Neugier wurde aber immer größer und bald traute ich mich, ihnen zum „Greberkäs“ zu folgen. Ein hauchdünnes Stück frisch vom Rad schmeckte salzig, würzig, cremig und – ungewohnt. Im Keller lagerte Anton Grebers ganzer Stolz. Und dieser Stolz steckte mich an.
Mit starken Sennerhänden hob er die Räder aus dem Regal und gab uns hauchdünne Scheiben ohne Rinde zum Probieren. Erst langsam und vorsichtig tastete ich mich an den Geschmack des Bregenzerwaldes heran. Auch mit frischer Kuhmilch hatte ich anfangs Schwierigkeiten. Wenn ich heute von verschiedenen Ausflügen zurückkomme und ein Stück Käse esse, weiß ich, dass ich wieder zu Hause bin. Der Körper braucht Zeit für neue Geschmäcker. Frisch und pur vom Laib schmeckt mir ein Käse immer noch am besten – nicht vergleichbar mit dem Geschmack desselben zu Hause am Küchentisch. Dort nehme ich gerne ein Stück Apfel und eine Scheibe Brot dazu, manchmal Pfeffer. Kochen mit Käse ist ein heikles Thema. Käse ist ein vollendetes Produkt, das zuerst pur gewürdigt und erschmeckt werden soll, bevor es zum Kochen verwendet wird. Daher möchte ich hier Gästen und Bewohnern des Bregenzerwaldes ein Brotrezept vorschlagen – mit dem Tipp, den Käse so zu lassen, wie er ist. Frisches Brot mit leicht temperiertem Bergkäse, einem Apfel und Brunnenwasser: So entfaltet sich der Geschmack, wie ihn die Bregenzerwälder Senner ausgetüftelt haben.
Rezept – Roggenbrot mit Buttermilch:
Zutaten:
500 ml Buttermilch
20 g Hefe
75 Sauerteigpulver (aus dem Reformhaus)
300 g Weizenmehl oder Dinkelmehl
200 g Roggenmehl
1 1/2 Teelöffel Salz
1 EL Kümmel, grob gemörsert
Zubereitung:
Die Buttermilch handwarm erwärmen und die Hefe darin auflösen. Das Sauerteigpulver einrühren. Die beiden Mehlsorten mit Salz und Kümmel vermengen. Die Buttermilch mit der Mehlmischung von Hand oder in der Küchenmaschine 5 min kneten. Den Teig abgedeckt etwa 1 Stunde gehen lassen. Danach zwei kleine Laibe formen und diese nochmals 15 Minuten gehen lassen. Die Brote mit etwas Wasser befeuchten und mit Mehl bestäuben. Die Brote im Ofen bei 200 Grad etwa 30 Minuten backen. Auf einem Gitter gut auskühlen lassen.
Autorin: Milena Broger
Ausgabe: Reisemagazin Winter 2015-16