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Dem Handwerk ein Haus

Dem Handwerk ein Haus

In Andelsbuch steht ein Regal für die Werkstücke der Handwerker des Bregenzerwaldes: das von Peter Zumthor mit heimischen Handwerkern errichtete Werkraum Haus.

Was fast 15 Jahre lang Idee war und zwischendurch zum temporären Bauwerk aus Bierkisten oder Paletten wurde, ist jetzt ein zeitloses aus Beton, Holz und Glas: das Werkraum Haus. Gebaut haben es 80 Wälder Meisterbetriebe als Bauherren und der Schweizer Peter Zumthor als Architekt in einem einzigartigen Prozess der gemeinsamen Planung und Ausführung.

Vor kurzem noch lief die Zeit in Andelsbuch langsamer. Mitten im Dorf, gegenüber von Rathaus und Feuerwehr, nicht unweit der Kirche war eine Baustelle und die Autofahrer drosselten die Geschwindigkeit, um im Vorbeifahren einen Blick auf das dortige Treiben zu werfen. Viel wurde damals gemutmaßt, ob und wie das wohl werde, dieses riesige „Regal“, das die Handwerker aus dem Tal und der Architekt aus der Schweiz hier vor die Landschaft zu stellen beabsichtigten. Nun ist es geworden. Groß. Und großzügig. Elegant und monumental. Ein Dach aus schwarzem Holz, von knapp zwei Metern Dicke und rund 72 Metern Länge ragt über den lichten Baukörper aus Glas. „Ein Dach über einer offenen Form war das Schönste, was ich mir denken konnte. Das Dach ist doppelt so groß wie der Baukörper, darunter sollte vieles Platz haben“, erzählt Peter Zumthor an einem heißen Sommertag.

Wir stehen im Schatten eben jenes Daches auf dem großen Vorplatz, den Blick auf Wiesen und Berge gerichtet. Viele Monate später werden unter diesem Dach zahlreiche Feiern, Vorträge, Führungen und Eröffnungen stattgefunden haben, sind Mensch und Tier bei Viehausstellungen vorbeigezogen, werden Bier und Wein getrunken, Ideen gesponnen und Begegnungen zelebriert worden sein. All dies wurde von Zumthor bereits in der Planung mitgedacht. „Ich erlebe hier Handwerker, die sich um Gestaltung bemühen, ich sehe, wie man hier Feste feiert. Man lässt nicht einfach Bierbänke kommen und stellt sie auf, nein, man baut selbst etwas. Und dann kommen die stolzen Frauen in den Juppen. Tradition und Handwerk und Leben – die gehören hier zusammen, das ist von nachhaltigem Eindruck.“

Mitte der Neunzigerjahre arbeitete Peter Zumthor (selbst in jungen Jahren in der väterlichen Werkstatt zum Tischler ausgebildet) zum ersten Mal mit Handwerkern aus dem Bregenzerwald – für das Kunsthaus Bregenz, das 1997 eröffnet wurde. Zwei Jahre spätergründete sich in Andelsbuch der Verein Werkraum, ein Zusammenschluss von über 80 Meisterbetrieben, der alle drei Jahre den Wettbewerb Handwerk+Form auslobt und das Dorf zur begehbaren Ausstellung macht. Dafür gehen Handwerker aus dem Tal Kooperationen mit Architekten und Gestaltern ein, um gemeinsam Möbel und Bauwerke zu schaffen. Dieses Spiel zwischen innerer Entwicklung und dem Zulassen äußerer Einflüsse hat im Bregenzerwald Tradition. Schon die Baumeister der Auer Zunft zogen im 17. und 18. Jahrhundert aus dem Tal in die Welt hinaus, um Kirchen und Klöster zu bauen, und brachten das neu erlangte Wissen auch wieder hierher zurück. Innen, außen – beim Werkraum Haus scheint die Trennung der Gegensätze aufgehoben. Die Landschaft fließt durch das Gebäude hindurch. Es ist Schaufenster, Vitrine und Atelier zugleich.

 

Sie führt durch die Halle, die durch zwei Betonkerne und zwölf Holzsäulen unterteilt ist. Schwarz ist vorherrschend, vom Boden bis zur Decke. Es scheint fast so, als verschwinde der Raum als solcher, als nehme er sich völlig zurück. Deutlich wird das in der ersten Ausstellung, in der die Handwerksbetriebe ihre Meisterstücke zeigen: Betten in Maßanfertigung, Stühle und andere Sitzgelegenheiten, eine Kirchenkanzel, Kräuterkissen, freistehende Badewannen, Betonschleifen, ein mobiler Küchenblock und vieles mehr. Was ein Werkraum-Stück zu einem solchen macht? Das Besondere sei sicht- und spürbar, sagt Klaus Metzler, Architekt und Werkraum-Mitbegründer. Seine Hände streichen über einen Schrank. „Bei diesem Möbel stimmt alles: Es ist schlicht, aus heimischem Holz, innovativ gelöst. Die Schubladenführungen etwa wurden gemeinsam mit anderen Mitgliedern entwickelt.“

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Eine enorme Kraft gehe von diesem Haus aus, von dem Zusammenschluss von 80 Betrieben zu einer Solidar- und Wissensgemeinschaft. „Handwerkerwissen wird mündlich überliefert, es entsteht aus dem Tun, der Erfahrung mit den Händen. Weiterentwickeln kann es sich nur im Austausch.“ Dass es das Haus nun gebe, sei für die Handwerker von zentraler Bedeutung. „Am Beginn des Planungsprozesses stand die Frage: Wer sind wir? Zumthor war als Begleiter der einzig Richtige. Ich habe ihn als sehr menschlich erlebt. Was er ist: gründlich. Ein Detail wird zehn Mal überprüft, verworfen, geändert. Wenn es sein muss, wird ein 1:1-Modell gebaut. Für das Werkraum Haus wurde drei Jahre lang geplant und eineinhalb Jahre gebaut. Aus so einem Bauprozess kommt jeder mit mehr Wissen als vorher heraus.“ Längst herrscht auf der Dorfstraße in Andelsbuch wieder Normalgeschwindigkeit. Bereits kurze Zeit nach der Eröffnung ist eingetreten, was Zumthor als Kriterium für gute Architektur gilt: „Denkt man ein Bauwerk weg und merkt, dass etwas fehlt, dann ist das Bauwerk richtig.“ Das Haus wird täglich von 150 bis 250 Interessierten besucht – viele kommen aus dem Ausland, viele aus dem Tal, viele kommen immer wieder. Wie die zwei Frauen aus Schoppernau, die den mit 25 Kilometern beträchtlichen Weg mit dem Fahrrad zurücklegen, um in der Werkraum-Wirtschaft Kuchen zu essen.

Autorin: Carina Jielg
Ausgabe: Reisemagazin Sommer 2014

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