Im Nachhinein bin ich dem Sonntagsfahrer dankbar, diesem anderen Deutschen, der uns in seinem etwas retrohaften Automobil mit lautem Diesel-Geknatter die Fahrbahn in den winterlichen Bregenzerwald versperrt. Ohne seine leicht verkrampfte Fahrweise, die ihn als „Flachlandtiroler“ ausweist, ohne dieses Blech gewordene Hindernis wäre der Blick auf das, was nun folgt, nur halb so spektakulär. Als sich die dunkle Dieselwolke verzieht, liegt sie vor uns: die weiße Winterwunderwelt des Bregenzerwaldes. Sanft geschwungene Hügel im strahlenden Frühjahrssonnenlicht, die eine Weichheit offenbaren, dass die Betrachterin sich die Augen reibt. Wohnten Tolkiens Hobbits nicht inmitten grüner statt weißer Hügel? Still ist es hier und ungeheuer unberührt. Einfach märchenhaft!
Tatsächlich bilden Saloberkopf und Warther Horn den Eingang zu einer der faszinierendsten Winterlandschaften Europas. Hier, unter dem meterhohen Schnee, verbirgt sich die artenreichste Flora unseres Kontinents. Doch noch sollen die zarten Pflänzchen sich unterm frischen Weiß ausruhen dürfen, denn diese Natur bietet einen weiteren Superlativ: Dies ist gleichzeitig das an Schnee reichste Gebiet Europas. Bis in den späten April hinein scheint Petrus höchstpersönlich das Land an der Nordseite der Alpen mit Neuschnee aus Westen zu segnen, mit elf Metern im Schnitt, so die Statistik der letzten 30 Jahre.
Das macht die Gegend rund ums Karhorn zu einem Geheimtipp für Freerider.
„Früher hätt’ ma Tiefschneefahren gesagt, heute heißt’s halt Freeride“, bekennt Hubert Strolz lachend. Der Olympiasieger, heute Leiter der Ski- und Snowboardschule Warth, ist ein moderner, gleichzeitig erdverbundener Mann, und damit ein typischer Vertreter des hiesigen Menschenschlags. Authentizität und Nachhaltigkeit sind dem Mittvierziger wichtig, der Olympia-Gold aus dem fernen Calgary heim in den Bregenzerwald brachte.