Er nimmt einen Schluck Tee und Taubmann ergänzt: „Mal nachzuschauen, was man sich im beruflichen oder privaten Umgang mit Menschen so alles antrainiert hat. Da gehen wir etwa im Raum herum und benennen Dinge einfach um – zum Stuhl sage ich Gartenschlauch, zur Teetasse Schachbrett und so weiter.“ Taubmann zeigt auf die angesprochenen Gegenstände, Bereuter übernimmt: „Es geht darum, Hemmungen abzubauen, eigene Begrenzungen kennenzulernen.“ Wenn die beiden erzählen, werfen sie sich gegenseitig die Bälle zu, sind ein umwerfend gut eingespieltes Team. „Es ist uns wichtig, dass wir die Workshops nicht nach einem strengen Konzept machen“, sagt Bereuter. „Klar gibt es bestimmte Eckpfeiler unseres Tuns, aber wir möchten uns auch einlassen auf das, was da aus der Gruppe kommt. Konzepte haben die Teilnehmer meist selber genügend im Kopf, da müssen wir nicht noch eins draufsetzen. Um frei bleiben zu können, ist es gut, dass wir beide da sind. Wir können besser reagieren, der Einzelne hat mal Zeit zum Beobachten.“ „Manchmal“, sagt Taubmann, „gibt es richtig magische Momente. Wir verbringen vier Tage gemeinsam in der Gruppe und bereiten abends auch das Essen zusammen zu. Einer meinte einmal, er habe überhaupt noch nie so richtig gekocht – er tat es aber an diesem Abend und es wurde das beste Risotto seines Lebens.“ Aurel Bereuter, gebürtiger Wolfurter mit Wurzeln im Bregenzerwald, studierte Schauspiel am Max Reinhardt Seminar in Wien. Nach Engagements an Theatern in Ingolstadt, Würzburg und Nürnberg arbeitet er nun in Münster und auf der Familien-Alpe als Coach. Dass er Schauspiel und Persönlichkeitstraining in Seminaren kombinieren könnte, dazu ist er durch eine Heilpraktikerin in Ingolstadt inspiriert worden. „Diese Frau hat mir sehr viel beigebracht und ich habe gemerkt, dass ich gern mit Menschen arbeite. Auf das Theaterspielen, auf die Bühne könnte ich aber nie verzichten, dazu brauche ich sie zu sehr“, lächelt er. Seine Frau Annette Taubmann hat in Wien und Liverpool Tanz und Choreografie studiert. „Zum Coaching bin ich durch die Begegnung mit einem Zauberer gekommen und über verschiedene Jugendprojekte in den vergangenen Jahren. Ich habe mich gefragt, wie könnte man Jugendliche, vor allem sozial benachteiligte, an Theater und Tanz heranführen? So ist das ,Soziale Tanz Theater‘ entstanden. Mit ihm sind großartige Erfahrungen gekommen. Die Arbeit mit Laien ist ein spannendes Aha-Erlebnis, ein guter Schritt raus aus dem Ego-Trip.“
Irgendwann später an diesem Tag, Bereuter und Taubmann sind wahrscheinlich längst wieder oben am Berg, lese ich Rückmeldungen früherer Kursteilnehmer. „Danke! … Körper entspannt, Seele optimistisch: ich gehe mit ungewohntem Mut in die neue Woche,“ steht da etwa und ich erinnere mich daran, was Aurel Bereuter gesagt hat. „Ein Teilnehmer, er coacht selbst, meinte einmal: Diese Seminare sind für mich geistiger, körperlicher und intuitiver Muskel-Aufbau und deshalb unumgänglich.“
Autorin: Carina Jielg
Ausgabe: Reisemagazin Sommer 2015