Dann starb Martins Vater, Pius Bischof, Alt-Bürgermeister von Schröcken. Bei der Beerdigung wurden Geschichten erzählt. Auch von kühnen Bergtouren, die Bischof in den Fünfzigerjahren mit seinem Freund Alois Schwarzmann unternommen hatte. Sie waren auf die Idee gekommen, alle sieben Gipfel um Schröcken während einer Tour zu besteigen. Ihr Ausflug wurde zur Legende.
Jürgen Strolz plante dann, genau diese Tour als Training für die nächste Reise nach Nepal zu wiederholen und Eric Leitner trieb pro Gipfel hundert Euro Spendengeld auf. Zwanzig Stunden später hatten die ersten sieben Teilnehmer die Tour geschafft. Im Jahr darauf schrieben sie die „Seven Summits Tour“ erstmals aus. Fünfunddreißig Teilnehmer stapften durch hohen Schnee. Einer davon war Josef Greußing (56) aus Hirschau. Und er ist bei der heurigen Tour schon zum vierten Mal dabei. Michelle Fritzsche (25) aus Leipzig musste letztes Jahr nach dem sechsten Gipfel aufgeben. Heuer will sie es schaffen. Vier Stunden ist sie schon unterwegs, als die Sonne aufgeht. Der Gymnasiast Valentin Alge (17) erlebt das Morgenrot am zweiten Gipfel, dem 2.239 Meter hohen Rothorn. Vorgenommen hat er sich, die Tour in 17 Stunden zu absolvieren. Mit ihm läuft sein Freund Clemens, ein Triathlet. Noch finden sie alles ziemlich cool. Alexander Hug (38) aus Sargans startet als einer der Letzten um halb sieben. Die Tour sieht er als Training für den Winter an. Er ist Landschaftsgärtner am Golfplatz in Bad Ragaz. „Im Sommer bin ich nicht so fit“, sagt er. „Bei einem richtigen Rennen hätte ich nicht mitgemacht. Aber die Atmosphäre ist schön, die Landschaft traumhaft und die Route ideal.“ Eine Weile lang läuft er mit vier Kollegen. Dann spürt Alexander seine Kraft und zieht voraus auf den 2.324 Meter hohen Hochberg. Auf jedem Gipfel verweilt er zwanzig Sekunden. Josef Greußing muss etwas essen, zwei Wurstsemmeln hat er mitgenommen, aber obwohl er ständig trinkt, bringt er nichts in seinen Magen, der Mund ist zu trocken. Eine Banane geht. Umso mehr freut er sich über die Suppe, die ihm einer der vielen Helfer reicht. Dann plagt er sich über die 2.649 Meter hohe Braunarlspitze. Dort wartet der Bergretter Thomas Woch. Um vier Uhr früh hatte er über zwanzig Kilo auf den höchsten Berg der Tour geschleppt – Seile, Sicherungsgerät, Karabiner und eine komplette Personenausrüstung. Eine glatte, schräg abfallende Steinplatte gilt es zu bewältigen. „Wer rutscht, ist verloren.“ Die Hälfte der 115 Teilnehmer lässt sich sichern. Ein hohes Meckern schreckt Thomas auf: drei Steinböcke. Er fotografiert sie aus nächster Nähe. Um 14 Uhr teilt er per Handy mit, dass Michelle Fritzsche durch ist. Im Holzschopf telefoniert der Wirt Matthias Breiler laufend mit seiner Freundin Michelle Fritzsche, um ihr Mut zu machen. „Alexander Hug hat soeben den siebten Gipfel, die 2.131 Meter hohe Höferspitze, passiert“, ertönt es am frühen Nachmittag aus dem Mikrofon.