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Der Almanach des Kronenwirtes

Der Almanach des Kronenwirtes

Unser Autor erzählt vom Aufwachsen in einer Gaststube und was das Buch „Am Herd“ von Marvin Hirth, das Dietmar Nussbaumer in seiner „Edition Krone“ herausbrachte, bei ihm auslöste.

Ein merkwürdiger Brauch, dieser Gruß aus der Küche. Manchmal frage ich mich, wer da grüßt. Jedenfalls grüßt uns das Gesicht des Lehrlings (gewöhnlich ist es der Lehrling), der uns leicht verlegen, aber auch stolz erklärt, womit uns etwas oder jemand aus der Küche grüßt. Dieser Gruß aus der Küche ist klein, sozusagen das Programm der Küche in nuce: Er deutet an, was der Koch kann und was das Menü bringt. Aus meiner Küche grüße ich Sie mit einer biografischen Mitteilung. Wenig überraschen wird Sie, dass ich – wie die meisten Menschen – während meiner Zeit zu Hause essen gelernt habe. Ich hatte Glück, weil die Mutter exzellent kochte. Ich hatte dazu noch das Glück, in einem Bregenzer Gasthaus geboren zu sein. Auch meine dort kochende Großmutter war eine prima Köchin. Noch heute habe ich Erzählungen von den zehn Gewürzen im Ohr, die ins Beuschel müssen, noch heute sehe ich, wie große Platten voller Berge selbstgezogener, dampfender Schnecken in die Wirtsstube getragen werden, noch heute rieche ich das Schmalz der im Fasching gebackenen Mäuse, noch heute spüre ich die Wärme des riesigen gemauerten Herdes in der Küche, vor dem ich auf dem Boden mit dem Hund spielte. Um mein Glück zu komplettieren, hat der Großvater später das Wirtshaus an einen Mann verpachtet, der die große Küche in unsere Familie brachte.

Das Wirtshaus, in dem ich auf die Welt kam, war das Gasthaus Zoll in Bregenz. Beim mittlerweile verstorbenen Ernst Huber lernte ich auf hohem Niveau zu essen; unsere Familie war ein Teil des Publikums, an dem er sich emporkochte. Es war eine Art Entwicklungsroman: Er lernte raffinierter zu kochen, wir lernten besser zu essen. Zuvor aber war das Gasthaus Zoll ein Zauberort. Ein Fachwerkhaus mit seit Maria Theresias Zeiten im Grundbuch eingetragenem Gastgewerbe; eine Wirtsstube, wie man sie nicht einmal in Heimatfilmen hat, mit bauernbarocker Schank und riesigen runden Tischen, Thonetsesseln und einer Decke, die sich heute in einem Heimatmuseum befindet, in der Harder Mittelweiherburg. Leider fiel die Pracht in den späten 1950er Jahren der Modernisierung zum Opfer: Die Bundesstraße musste wegen Brückenneubaus kurzfristig verlegt werden. Das Gasthaus lag an der Bregenzerache, sozusagen an der Nabelschnur zum Bregenzerwald. Am Wasserstand und an der Wasserfarbe konnten wir ablesen, wie das Wetter im Wald gerade gewesen war. Grüße aus der Küche gab es damals noch nicht; der Dauergruß stand in Form von Brezeln und Weinbeißern auf dem Tisch. Die Brezel in zwei Formen: frische Laugenbrezel und helle, mürbe Bierbrezel, auf dem passenden Ständer aufgehängt. Dazu ein
großer Aschenbecher.

Kürzlich erreichte mich aus dem Wald ein Küchengruß besonderer Art. Aus Hittisau schickte mir der Kronenwirt einen hübschen kleinen Almanach voller literarischer Texte und Rezepte. Die Spinatknödel gefielen mir so gut, die wollten gleich ausprobiert sein. Und zwar deswegen, weil ich mich schmunzelnd daran erinnerte, dass auf dem Weg des Gasthaus Zoll von gutbürgerlich zur Drei-Hauben-Küche einmal Spinatspätzle mit Schinkenstreifen eine Station darstellten. Eine originelle Variante der Spätzle, aber weit von allem entfernt, was wir heute als feine Küche empfinden. Dem kamen die Spinatknödel schon viel näher. Elegant, klein, fein und doch, als Knödel, bodenständig, signalisierten sie einen Zeitsprung in jene traditionsbewusste Art der Moderne, wie sie an vielen Orten im Bregenzerwald gekocht wird. Man kocht nicht nur in den Wirtshäusern, man bietet Architektur und Kultur, Vorträge bedeutender Menschen und Diskussionen zu den Spinatknödeln. Man bietet die Landschaft rundum, und doch sind da noch der alte Kiesgarten und die alte Blumenkiste. Man hat den modernen Zubau, aber die gute Stube behält man. Und man gibt Almanache heraus. In diesem Fall hat ihn der Koch, Teilzeitsenn und Autor Marvin Hirth verfasst und sich dafür auf die Spur von Lebensmitteln der Region gesetzt. Regionalität nicht provinziell, sozusagen. Mit Recht wollen wir genau wissen, was wir essen, woher es kommt und wie es verarbeitet wurde. Vernünftige Küchen klären uns ungefragt über solche Dinge auf, nicht immer jedoch so feinfühlig wie in diesem Fall. Ein Wirtshaus mit Hang zum Buch und zum Buchgeschäft, das ist einmal etwas anderes! Schon seinen Umbau durch Bregenzerwälder Handwerkskünstler hat das Haus in dem dokumentiert. Das hübsche, kleine, dezent illustrierte Büchlein „Am Herd“ ist schon das vierte in der kleinen Reihe und lässt sich auf der Webseite des Hauses bestellen. Ich grüße also zurück an die Küche der Krone in Hittisau, den seltenen Fall eines Gasthauses mit angeschlossenem Eigenverlag.

Autor: Armin Thurnher
Ausgabe: Reisemagazin Winter 2015-16

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