Am Waldrand führt ein kleiner versteckter Pfad hinab. Es ist Frühmorgen, die ersten Sonnenstrahlen blinzeln durch die Äste, Vögel zwitschern. Am Vortag hat es geregnet, der Waldboden ist feucht, Geäst knackst unter dem Schuhwerk. Es geht steil bergab, wir müssen uns gelegentlich an Sträuchern und Wipfeln festhalten, damit wir nicht abrutschen. Gut hundert Höhenmeter sind zu bewältigen, dann lichtet sich der Wald und wir stehen am von Steinen gesäumten Ufer der Subersach. Neben mir murmelt Walter Steiner: Welch herrlicher Anblick! Der Blick von oben ist ihm vertraut. Schließlich wurde er einmal Vogelmensch genannt. Jahrelang lag die Welt zumindest im Winter unter ihm. Er flog von Schanzen in einen Himmel, der nie das Ziel, aber der Moment der Ekstase war, ehe sich die Spitzen der Sprungski wieder der Erde zuwandten. Doch hier ist Walter Steiner nicht auf Fliegen aus, hier will er Fliegenfischen.
Ein paar Schritte vom Schweizer entfernt steht Toni Innauer. Als Sportler hatte er noch nie etwas zu verschenken – so kam auch er unter die Besten der Welt (als Trainer war er dann freigiebig). Ihm ist die Gegend hier vertraut, sie gehört zum Gesamtbild seiner Kindheit, dem Bregenzerwald. „Ähnliche Hintergründe“, murmelt Steiner und deutet mit dem Kopf erst auf Innauer, dann auf den Fluss. Hat ihm Toni dieses Wasser nicht als Bregenzerach angepriesen, gestern Abend beim Wein? Trau keinem Fliegenfischer, und schon gar nicht deinem Gegner, selbst wenn er mittlerweile ein Freund geworden ist. Innauer starrt stumm auf das Wasser. Als schwämme dort sein Ehrgeiz, der ihn einst auf den Sprungschanzen der Welt zum Goldmedaillen und Weltrekorden getragen hat. Das ist erledigt, was hier wartet, sind Fische. Ob er glaubt, dass man sie durch scharfes Anstarren bewusstlos machen kann – wie jene Ziege durch George Clooneys Stierblick im Film „The Men Who Stare at Goats“?
Auch der dritte Mann, Claus Elmenreich, kennt diesen Flecken seit seiner Kindheit. Als kleiner Bub hat ihn sein Vater hierher geführt und ihm das Fliegenfischen gezeigt: „Damals habe ich sogar das Fußballspielen lassen, nur um ihn begleiten zu können“, erzählt der heute Vierzigjährige. Das Fischen wurde zu seiner Leidenschaft. Er machte Kurse und legte Prüfungen ab, heute nennt er eine kleine Schule mit einem Warengeschäft für Fliegenfischerei sein Eigen. Da zeigt er Interessierten, wie man die Rute richtig schwingt und führt sie zum Fliegenfischen an entlegene Orte wie diesen.